Auch, wenn der September als traditionell schlechter Börsenmonat wieder seinem Ruf gerecht wurde und leichte Korrekturen an den Finanzmärkten zu verzeichnen waren. Dennoch verbleiben zum Erntedankfest eine eindrucksvolle Bilanz und Anlass zur Zufriedenheit. Doch nach dem Motto „Selbstzufriedenheit ist ein anderes Wort für Resignation“ gilt es, die aktuelle Situation mit kühlem Kopf zu analysieren und sich auf den ein oder anderen Herbststurm vorzubereiten. Denn unzweifelhaft wird das Wetter rauer, kühler und stürmischer. Und an dunklen Wolken mangelt es nicht:

Inflation.

Man traut sich kaum noch etwas dazu zu sagen, weil das Thema in den Medien allgegenwärtig ist. Doch die jüngsten Nachrichten aus z.B. England oder China, wo die Energiepreise in die Höhe geschnellt sind und Rohstoffe knapp werden, stimmen selbst die Stoiker unter den Finanzanalysten bedenklich. Noch sind die Zinsen niedrig, und die EZB hat gerade einmal die Drosselung ihres Wertpapierankaufprogramms beschlossen. Doch gerade in Europa haben die langfristigen Zinsen bereits reagiert und zehnjährige Bundesanleihen zum Beispiel seit August über 4% im Kurs eingebüßt. Dazu passt, dass in der letzten Woche für Deutschland mit über 4% die höchste Inflation seit 28 Jahren bekanntgegeben wurde.

Der Hang zur Relokalisierung von Produktion, steigende Löhne (Stichwort Mindestlohn), haussierende Rohstoffpreise, drohende Steuererhöhungen in wichtigen Industrieländern wie z.B. in den USA und massiv steigende Kosten im Hinblick auf Infrastruktur- und Energieeffizienzausgaben dürften das Inflationsgespenst nicht so schnell verschwinden lassen. Das ist gefährlich vor allem für Wachstumstitel, die mit einer hohen Wachstumsprämie gehandelt werden. Diese Prämie verringert sich erfahrungsgemäß bei steigenden Zinsen.

China und sein Immobilienmarkt.

Die drohende Insolvenz des größten Immobilienfinanzierers im Reich der Mitte und daraus resultierende Konsequenzen für den Häusermarkt und die Konjunktur können einen empfindlichen Dämpfer für die Nachfragesituation im Land selbst und damit auch für die von China abhängigen Exportnationen darstellen. Die Aktienkursentwicklung der ehemaligen Börsenlieblinge Alibaba und Tencent sprechen Bände darüber was passiert, wenn Unternehmen und ihre Leader bei der Regierung in Ungnade fallen. Dies erhöht die Nervosität an den Aktienmärkten weltweit.

Herbststürme und schnelle Wetterwechsel.

Wie schnell sich das Börsenklima verändern kann, haben wir gerade gesehen, als der amerikanische Pharmariese Merck ein Medikament zur Behandlung von Covid 19-Patienten verkündete. Die bis dato hoch gehypten Impfstoffhersteller wie Moderna, BioNtech und Novavax verloren an einem Tag bis zu einem Viertel ihres Wertes. Ähnliche Entwicklungen können auch bei den Börsenlieblingen aus der Technologiebranche jederzeit drohen.

Sie sollten also Ihren „Depotgarten“ herbst- und winterfest machen. Lassen Sie sich nicht vom goldenen Herbstwetter täuschen. Stutzen Sie Ihre schön gewachsenen Lieblingstitel ruhig wieder auf ein normales Maß zurück, reduzieren Sie die hochsensiblen Wachstumstitel etwas und verstärken die robusten Dividendendinos aus scheinbar langweiligen Branchen wie Nahrungsmittel und Zyklik, weil diese den Winter vielleicht besser überstehen. Und nicht zuletzt: Dünnen Sie den Boden etwas aus, entfernen Titel, die Sie vielleicht schon viel zu lange vor sich hindümpeln lassen und schaffen Sie Raum für Neues. Liquidität dürfte sich in den nächsten Monaten wieder einmal als wichtige Asset-Klasse herausstellen. Dann dürfte auch das Börsenjahr 2022 wieder ein ertragreicher Jahrgang werden. 

 

Aus dem Börse Express-PDF vom 13. Oktober - hier zum kostenlosen Download

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