Wir halten es für verfrüht, bereits das Ende der Hausse an den Aktienmärkten einzuläuten. Das Marktumfeld ist nach wie vor von einem starken globalen Wachstum und steigenden Gewinnen geprägt, insbesondere in Europa, den Schwellenländern und in Japan. Dies dürfte weitere Kursgewinne unterstützen. Wir treten jedoch in eine neue Phase ein, die durch mehr Volatilität und weitere Korrekturen gekennzeichnet sein wird. Dies ist auf die zunehmende Unsicherheit im Makroumfeld zurückzuführen. In den USA sind erste Anzeichen einer anziehenden Inflation zu erkennen, wie wir sie möglicherweise auch in Europa beobachten werden. Die Geldpolitik, welche zuvor die Aktienmärkte stützte, wird hierdurch weniger berechenbar. Die Aktienmärkte dürften sich dieses Jahr noch weiterhin gut entwickeln, auch wenn sich die grundlegende Dynamik am Markt geändert hat. Bezüglich der Inflation zeigen die jüngsten Zahlen aus den USA einen überraschenden Sprung sowohl bei den Gesamt- als auch bei den Kerninflationsraten. Auch sehen wir erste Anzeichen für eine anziehende Lohninflation. In Deutschland wurden höhere Tarifverträge als erwartet abgeschlossen – ein weiteres Indiz für die Verknappung des Arbeitsmarktes, die Arbeitern in eine bessere Verhandlungsposition versetzt.

Die steigende Lohninflation bringt einige positive Effekte mit sich: Zu ihnen zählt die einfachere Entschuldung, eine gleichmäßigere Einkommensverteilung und höhere Zufriedenheit. Unternehmen und Zentralbanken stellt sie jedoch vor Herausforderungen: Erstere in Bezug auf ihre Rentabilität und letztere in Bezug auf die Geschwindigkeit, mit der sie die Geldpolitik anpassen sollten.

Wir treten in eine neue Ära ein, die wir gerne als „post new normal“ bezeichnen. Die „neue Normalität“ war gekennzeichnet durch ein niedriges Wachstum, eine niedrige Inflationsrate und eine unterstützende Geldpolitik. In den USA begann der Ausstieg aus dieser Politik bereits vor einigen Jahren, als die Fed den Prozess der Normalisierung einleitete. Nun bereitet sich auch die EZB darauf vor, ihr Programm zum Kauf von Vermögenswerten abzubauen. Sie wird die Zinsen voraussichtlich im nächsten Jahr anheben. Unter anderem haben auch die Bank of England und die Bank of Canada damit begonnen, ihre Leitzinsen anzuheben.

In einigen entwickelten Volkswirtschaften ist der Konjunkturzyklus bereits weit fortgeschritten. Das Umsatzwachstum bei Unternehmen dürfte weiterhin stark bleiben, aber die Gewinne werden wohl weniger anziehen. Das gilt vor allem in den USA, wo es wenig Spielraum für eine Ausweitung der Margen gibt. Die Zentralbanken müssen nun besonders darauf achten, dass sie allfällige Änderungen ihrer Geldpolitik noch vorsichtiger abwägen und kommunizieren. Für Investoren ändern sich damit allgemein die Voraussetzungen in den Märkten.

All dies hat starke Auswirkungen auf die Zusammensetzung von Portfolios. Eine Mischung aus Aktien und Anleihen sorgt in der Regel für Erträge und Diversifikation. Im derzeitigen Umfeld sind jedoch die Aussichten für die Anleihemärkte, insbesondere für langfristige Staatsanleihen, wenig positiv. Darüber hinaus sind die Credit Spreads und Renditen für Unternehmensrisiken enttäuschend niedrig. Dementsprechend wird es wichtiger, beim Portfolioaufbau stärker auf das Fixed-Income-Risiko zu achten.

Ebenso müssen die Allokationen bei Aktien selektiver sein. Wir setzen daher auf Aktien, die in der Lage sind, die Ertragserwartungen zu übertreffen. Dies trifft vermehrt auf Unternehmen in Europa, den Schwellenländern und in Japan zu.

Wir werden zwangsläufig künftig weniger Anleihen halten, als dies normalerweise bei ausgewogenen Portfolios der Fall ist. Dies eröffnet Chancen für nicht-direktionale Strategien und liquide Alternativen, einschließlich alternativer Risikoprämien oder Zielrenditen – also Strategien, die darauf ausgerichtet sind, unkorrelierte Renditen zu erwirtschaften. Diese Strategien können jetzt die Portfoliostabilität bieten, die man normalerweise von Anleihen erwarten würde.