In der Tat belasten die nach wie vor steigenden Zinsen den Immobilienmarkt mehr als es Corona vermochte. Während die Pandemie sogar als eine Art Booster fungierte, sieht es aufgrund der weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen anders aus. Die sich darin begründende Inflation klettert in seit mehreren Jahren nie da gewesene Sphären. Die damit in Zusammenhang stehenden Ängste werden nunmehr durch Zinsanhebungen bekämpft was unwiderruflich zu steigenden Bauzinsen führt. Aufgrund dessen ist nunmehr ein Ende des so oft beschriebenen Superzyklus und damit ein Ende des Immobilienbooms sichtbar. Die weiterhin hohe Nachfrage bzw. die verringerte Bautätigkeit, werden einen gravierenden Einbruch dennoch verhindern.

 

So wirken sich die steigenden Bauzinsen auf den Immobiliensektor aus

Zwar liegen die Bauzinsen historisch gesehen immer noch vergleichsweise niedrig, trotzdem kann sich der Zinsanstieg drastisch auswirken. Es wird erwartet, dass die damit verbundenen, deutlich höheren Finanzierungskosten für Immobilien die Nachfrage dämpfen. Zudem kann sich eine Verschiebung der Nachfrage in das weitere Umland der größeren deutschen Städte ergeben, welches deutlich preisgünstigere Möglichkeiten zum Immobilienerwerb bzw. Bau bietet. Auch der Preisanstieg am Wohnungsmarkt könnte im Laufe des Jahres 2022 deutlich an Fahrt verlieren.

Wie drastisch sich der Anstieg der Bauzinsen auf die Finanzierung eines klassischen Einfamilienhauses auswirkt, zeigt folgende Beispielrechnung:

Bei angenommenen 500.000 Euro Kaufpreis und einem Darlehen über 400.000 Euro kostet den Bauherren die Tilgung bei 2,0 Prozent Tilgungsrate und 2,2 Prozent Zins derzeit rund 1.400 Euro pro Monat. Gegenüber dem Vorjahr mit 0,7 Prozent Zins und 2,0 Prozent Darlehenstilgung ergibt sich eine Mehrbelastung von 55 %, was für den gleichen Kredit 500 Euro im Monat entspricht. Nicht zu vergessen der höhere Eigenkapitalbedarf auch zur Deckung der Kaufnebenkosten sowie zu erwartenden Nebenkosten, die oft unterschätzt werden.

Der reine Anstieg der Bauzinsen ist jedoch nicht der einzige Faktor, der es Hausbauern und Immobilienkäufern derzeit schwerer macht. So sind die Baukosten in den letzten Monaten ebenfalls stark gestiegen, da im Zuge der Krise viele Baumaterialien nur noch bedingt verfügbar sind. Zudem ist es schwieriger geworden, Bauunternehmer und Handwerker mit freien Kapazitäten zu finden.

 

Keine Subprime Krise in Sicht

Trotz aller Schwierigkeiten gilt, dass der Markt bei weitem nicht vor dem Zusammenbruch steht - er funktioniert weiterhin. Beurkundungen finden nach wie vor in der Höhe über dem Beleihungswert statt.  In der Regel bewerten Banken immer noch ca. 20-30% unterhalb der möglichen Kaufpreise.

Man sieht auch bei Anschlussfinanzierungen, dass die Immobilienwerte und -preise auch mit den Jahren gestiegen sind. Klar hingegen ist, dass Anschlussfinanzierungen teurer werden und so manche Käufer tatsächlich in Bedrängnis kommen werden.

Daher werden wir auch in ein paar Jahren genau solche Verkaufssituationen am Markt sehen. Dennoch fällt es schwer, Anzeichen einer Dynamik wie zu Zeiten der Subprime Krise in den USA zu identifizieren. .

 

Die derzeitige Gesamtlage beeinflusst zudem das Kaufverhalten der High Net Worth Individuals) (HNWI) und vermögenden Käufergruppen. Auch innerhalb dieser Käufergruppe spielt die sich ändernde Zinslage eine große Rolle. Dies jedoch nicht aus dem Blickwinkel heraus, sich die Immobilie nicht mehr leisten zu können, sondern eher aus der Betrachtung des “smarten Investments: Immobilie vs Aktie”. Der nunmehr benötigte Mehraufwand an Eigenkapital lässt Überlegungen entstehen, ob man die Immobilien kaufen und finanzieren soll oder nicht doch mit dem Geld in stark gefallene Anlagemöglichkeiten wie Aktien oder Kryptowährungen investieren soll. Die Marktlage führt auch dazu, dass Verkäufer eher bereit sind niedrigere Angebote zu akzeptieren, um jetzt verkauft zu haben und auch auf Verkäuferseite mit dem Geld in derartige Anlagen zu investieren. Hier ist hinzuzufügen, dass man noch nicht wirklich von niedrigeren Preisen im Sinne eines Preisverfalls reden kann. Vielmehr handelt es sich ausschließlich um Korrektur-Effekte, da im hochpreisigen Segment die Preise in den letzten Jahren in neuen Höhen getrieben und letztendlich die letzten Jahre auch bezahlt wurden. Genau in diesem Segment kommt es nun zu den Korrekturen hin zu einem mehr realistischen Niveau, jedoch nach wie vor auf einem sehr hohen Gesamtpreisniveau.

Da auf Verkäufer meistens kein Verkaufsdruck liegt, da es keinen Geldmangel gibt, entscheiden auch viele Verkäufer die Immobilie erst einmal im eigenen Bestand zu belassen.

Parallel  gilt es, auf den geneigten Kaufinteressenten zu warten, ohne das Objekt offiziell zum Verkauf im Markt anzubieten, oder eben die Immobilie zu halten und zu einem späteren Zeitpunkt zu verkaufen, wenn sich die Marktlage wieder gebessert hat. Es steht und fällt also alles mit den politischen und weltwirtschaftlichen Entscheidungen und Lösungen wie bei der Ukraine Krise, den gestörten Lieferketten und damit einhergehenden Rohstoffverknappungen. Sobald sich all dies stabilisiert und wieder mehr Sicherheit und Zuversichtlichkeit herrscht, schlagen die Nachholefeekte zu und Märkte beginnen wieder zu boomen. Denn nach wie vor befindet sich das angesparte Privatvermögen auf Rekordhoch und Geld will wieder angelegt werden, wenn es die Stimmung zulässt.

 

Ist Mieten infolge der steigenden Baukosten nun günstiger?

So wie man sich den Erwerb einer Immobilie leisten können muss, muss man sich auch eine Miete leisten können. Denn Wohnraum bleibt knapp und der geringere Neubau lässt auf dem Mietmarkt kaum Entspannungen zu. Dazu kommt auch, dass viele die Kaufen wollten, nunmehr weiterhin mieten und somit kein Mietwohnraum frei wird und zur Verfügung steht.

Oft ist meiner Meinung nach auch eine Änderung der Sichtweise notwendig, da eine Finanzierung mit einer Unterdeckung im Rahmen des Möglichen noch interessant sein kann, sofern man die Unterdeckung wie eine Art Sparbuch betrachtet. Also anstatt 200€ auf ein Sparbuch zu legen, was viele Deutsche nach wie vor tun, sollte man diese 200€ lieber in höhere Finanzierungskosten investieren. Immobilien werden so abbezahlt und zu Eigentum. Nicht zu vergessen, dass Immobilien Teil der privaten Altersabsicherung sind und da machen auch kleinere Wohnungen als Anlage Sinn, denn gemietet wird immer. Erst Recht in Ballungsräumen wo Wohnraum knapp bleibt.

 

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Peter Rabitz

Der Diplom-Immobilienwirt Peter Rabitz sammelte nach Abschluss seines Studiums mehr als zehn Jahre lang Erfahrungen in den Immobilienbranchen der USA und der Schweiz. In beiden Ländern konzentrierte er sich früh auf das Segment der Luxusimmobilien. Anfang 2017 machte er sich mit seinem Boutique Immobilienunternehmen Rabitz Property Consulting in Berlin selbstständig. Insgesamt 20 Jahre Berufserfahrung und ein großes nationales wie internationales Netzwerk mit Fokus auf Luxusimmobilien kennzeichnen das Unternehmen.

Peter Rabitz