OeKB, das Kürzel steht für Oesterreichische Kontrollbank. Die Mehrzahl der Österreicher, aber wohl auch jene der Wirtschafts- und Finanzjournalisten, verbindet mit der OeKB vor allem ein Thema: Exportförderung. Weit weniger bekannt ist die zentrale Rolle, die das Spezialinstitut im österreichischen Kapitalmarkt einnimmt. Angelika Sommer-Hemetsberger, Vorstand der OeKB, offenbart im Gespräch mit dem Börse Express einen Blick hinter die Kulissen.

Börse Express: Können Sie unseren Lesern ein wenig über die Aufgaben der Oesterreichischen Kontrollbank erzählen, im Speziellen natürlich über Ihre Funktion im Kapitalmarkt?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Im Wesentlichen umfassen unsere Aufgaben zwei große Themengebiete. Einerseits der Bereich Export Services, wo wir die Exporthaftungen der Republik abwickeln. Dieser Bereich macht ungefähr 90% unserer Bilanzsumme aus.

Der zweite große Bereich sind unsere Kapitalmarkt Services. In diesem Bereich sind wir vor allem als Infrastrukturanbieter tätig. Am besten lässt sich unsere Aufgabe erklären, wenn man sich den Lebenszyklus eines Wertpapiers vor Augen hält. Wird ein neues Wertpapier emittiert, so vergeben wir die ISIN und erfassen die Stammdaten. Außerdem nehmen wir als gesetzliche Meldestelle die Kapitalmarktprospekte und die verpflichtenden Meldungen zum Emissionskalender entgegen. Der Emissionskalender ist übrigens, ebenso wie hinterlegte Fondsdokumente, im Internet gratis abrufbar.

Anschließend, wenn das Wertpapier auf den Markt kommt, wird es bei unserem Tochterunternehmen OeKB CSD eingeliefert und verwahrt. Die OeKB CSD sorgt auch für die erstmalige Verbuchung am Depot. Dass diese Funktion heute von einer ausgegliederten Tochter wahrgenommen wird, liegt an den strengeren EU-Regularien.

Wird ein Wertpapier an der Börse gehandelt, übernehmen wir ebenfalls eine wichtige Funktion für den Kapitalmarkt. Unsere 50%-Tochter, die CCP.A - ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Wiener Börse - sorgt im Wiener Börsenhandel für das Clearing, das Risk Management und die Abwicklung aller Börsengeschäfte.

Daneben laufen auch die Auktionen der Bundesanleihen über unsere Systeme - Stichwort ADAS.

Außerdem bieten wir eine Reihe von laufenden Services für das Funktionieren des Kapitalmarktes an. Unter anderem sammeln und bereiten wir Informationen und Daten für den Kapitalmarkt auf. Über das OAM Issuer Info werden etwa die gesetzlich verpflichtenden Informationen börsennotierter Emittenten veröffentlicht.

Last but not least sorgen wir auch noch für die KESt-Berechnung bei Investmentfonds. Die Grunddaten werden bei uns eingemeldet und wir ermitteln anhand der Vorgaben des BMF die ertragsteuerliche Behandlung und veröffentlichen diese Informationen dann bzw. leiten sie automatisiert an die Banken, die zum KESt-Abzug verpflichtet sind, weiter. Die ausländischen Fonds haben früher die KESt selbst berechnet und veröffentlicht, was natürlich ein ziemlicher Aufwand war. Das ist jetzt deutlich einfacher geworden. Diese Dienste der OeKB sind reine Provisionsgeschäfte.

 

Börse Express: Haben sich Ihre Aufgaben in diesem Bereich im Zuge der bzw. seit der Finanzmarktkrise verändert? Ich denke da an die spezielle Rolle der OeKB während der Krise, als sich die Banken untereinander nicht mehr über den Weg getraut haben.

Angelika Sommer-Hemetsberger: Sie sind gut informiert. Tatsächlich wurden über die OeKB während der heißen Phase der Krise ab Herbst 2008 Geldmarktauktionen durchgeführt. Formell lief das über die OeCAG - die Oesterreichische Clearing Bank AG. Das Spezialinstitut hatte die Aufgabe, die kurzfristigen Geschäfte zwischen den österreichischen Banken wieder anzukurbeln und den Liquiditätsausgleich am heimischen Geldmarkt zu verbessern. Wir haben also dafür gesorgt, dass die Liquidität aufrechterhalten wurde.

Das Ganze wurde von der OeKB relativ kurzfristig aus dem Boden gestampft und dann, als das Schlimmste vorbei war, wieder beendet. Offiziell wurde die OeCAG im März 2012 wieder aus dem Firmenbuch gelöscht. Unser wesentliches Asset war dabei natürlich unsere marktneutrale Stellung.

 

Börse Express: Sie waren also während der Finanzmarktkrise so etwas wie der Troubleshooter?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Ja, das kann man so ausdrücken. Generell kann man sagen, dass seit der Finanzmarktkrise der Trend in Richtung steigender Regulierung geht. Dadurch waren wir auch gezwungen gewisse Bereiche auszulagern - so etwa die vorhin erwähnte OeKB CSD. Der Hintergrund liegt darin, dass man das relativ risikolose Kreditgeschäft vom Wertpapiergeschäft trennen will.

Die CCP.A wiederum, die schon lange tätig ist, musste sich extra zertifizieren lassen, um dem EMIR-Reglement zu entsprechen. Außerdem muss sich die CCP.A auch dem EU-weiten ESMA-Stresstest unterziehen, den sie erst kürzlich wieder mit einem sehr guten Ergebnis bestanden hat. Das Ergebnis wurde jetzt im Februar veröffentlicht. Das sehr gute Ergebnis ist wichtig für den Markt als Ganzes, weil es ja letztendlich um das Vertrauen in den Finanzmarkt geht.

Um diese Regularien zu erfüllen ist sehr viel Dokumentationsaufwand notwendig. Nach den Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise ist ein großes Sicherheitsbedürfnis spürbar, vor allem was die Marktinfrastruktur betrifft.

 

Börse Express: Stichwort Regularien und Aufwand: Immer wieder ist - bei Banken und Emittenten - zu hören, dass MiFID II den bürokratischen Aufwand erhöht hat. Wie sehen Sie das Ganze?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Das MiFID-Reglement trifft im Wesentlichen ja die Banken und hat natürlich den Aufwand für die Dokumentation deutlich erhöht. Zentrales Moment bei MiFID II ist der Anlegerschutzgedanke. Als Anleger würde ich mich aber - ganz ehrlich gesagt - schon etwas bevormundet fühlen.

Was die Emittenten betrifft, so sprechen Sie wahrscheinlich von der Umsetzung der Global Market Abuse Regeln in der EU. In diesem Fall geht es vor allem um Regeln zur Verhinderung von Insiderhandel. Diese Regularien sind schon extrem formalistisch geschrieben, vor allem auch, was das Führen von Insiderlisten betrifft. Da bestehen zum Teil Meldeverpflichtungen, die in der Praxis schon zu erheblichen Problemen führen können.

 

Börse Express: Die OeKB begibt auch selbst Anleihen. Wer ist Ihre Zielgruppe? Institutionelle Anleger, bzw. kann auch eine Privatperson OeKB-Anleihen erwerben?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Die Anleihen dienen vor allem zur Refinanzierung im Bereich der Exportgeschäfte und haben eine Garantie der Republik. Sie werden in Euro, US-Dollar, in Pfund aber auch in Australischen Dollar begeben. Ein Teil der Anleihen ist auch in Österreich gelistet. Prinzipiell sind Investoren, die unsere Anleihen zeichnen, in erster Linie institutionelle Anleger wie Zentralbanken oder auch andere Banken, die die Anleihen im Treasury einsetzen. Der Anteil des Retailpublikums ist sicher sehr gering, wenngleich es theoretisch möglich ist, dass die eine oder andere OeKB-Anleihe auf einem Privatdepot landet.

 

Börse Express: Wie sehen Sie allgemein die Situation des österreichischen Kapitalmarktes, auch was das Wissen der Österreicher/Innen darüber betrifft.

Angelika Sommer-Hemetsberger: Ausbaufähig - um es kurz zu sagen, vor allem was das Wissen betrifft. Im angloamerikanischen Sprachraum sind Wertpapiere bei der Geldveranlagung etwas ganz Normales, in Europa steht man dem Thema neutral bis leicht negativ gegenüber. Das hat sicher auch mit der Struktur der Unternehmen bzw. der Unternehmensfinanzierung zu tun. Wenn man eine Finanzierung braucht geht man in den USA nicht notwendigerweise zur Bank. In Zentraleuropa laufen 70 bis 80 Prozent der Finanzierungen über Banken. Für die Unternehmen bedeutet diese Form der Finanzierung, dass sie viel weniger Publizitätsvorschriften zu erfüllen haben. Ein Faktum, das aus Unternehmenssicht durchaus verständlich ist. Dennoch ist es ganz wesentlich, dass man den Kapitalmarkt als eine Form der Unternehmensfinanzierung sieht und nicht nur auf die Bankenfinanzierung setzt, vor allem auch wenn es um Wachstumsfinanzierung geht. Das muss ja nicht gleich ein Börsegang sein, man kann ja auch Unternehmensanleihen begeben. Prinzipiell hat der Börsegang der BAWAG dem Markt ganz gut getan.

Man muss sich aber auch vor Augen halten, dass die Aktie lange Zeit als Spekulationsobjekt gegolten hat. Das wurde natürlich durch den Börsenhype rund um die ‘New Economy’ zur Jahrtausendwende und dem anschließenden Crash noch befördert. Alles was mit dem Thema Aktie verbunden war, galt und gilt auch heute noch als spekulativ.

Ich sehe das ein wenig anders. In Wahrheit ist die Aktie ja ein Beteiligungsinstrument, dass der Finanzierung von Unternehmen dient. Die Aktie hat einen realen Hintergrund, sie liefert für die Wirtschaft einen In- und einen Output. Das ist in der Bevölkerung aber zu wenig verankert, es gibt diesbezüglich noch immer ein viel zu geringes Bewusstsein. Die Stigmatisierung von Börse und Aktie als Spekulation ist noch immer sehr stark ausgeprägt.

 

Börse Express: Eine etwas skurrile Situation, vor allem wenn man bedenkt, dass das Thema Crowdfinancing bzw. Crowdfunding in Österreich einen Höhenflug erlebt.

Angelika Sommer-Hemetsberger: Crowdfinancing ist an und für sich nicht schlecht, vor allem als Instrument der Unternehmensfinanzierung. Allerdings sollte man schon die Chancen und Risiken gegeneinander abwägen. Die Relation zwischen Ertrag und Risiko sollte vernünftig sein und man sollte wissen, was man da tut. Sonst sollte man die Finger davon lassen.

Aber Sie haben Recht, angesichts des Sicherheitsdenkens, das mit dem Sparbuch verbunden und in Österreich stark verankert ist, scheint es irgendwie schon ein wenig wie ein Schwenk von einem Extrem ins Andere.

Ich denke, dass man beim Thema Umgang mit Geld viel früher ansetzen muss. Sicher, was die Wiener Börse und die Nationalbank diesbezüglich tun, ist sehr begrüßenswert. Aber es wird nicht ausreichen. Eigentlich müsste das Thema Umgang mit Geld und das entsprechende Wissen in den Lehrplänen verankert sein.

 

Lesen Sie im zweiten Teil des Gespräches mehr zur Rolle der OeKB in der Exportfinanzierung, warum sich das Institut bei weXelerate engagiert und was Angelika Sommer-Hemetsberger über Bitcoin denkt - heute im Börse Express PDF