Die Aktienanlage in Deutschland hat es nicht leicht. Die SPD flirtet schon seit Längerem mit einer höheren Besteuerung von Aktiengewinnen. Aktiendividenden werden gegenüber Bankkrediten bei der Finanzierungsstruktur steuerlich benachteiligt. Eine Förderung der Altersvorsorge wie in den USA mit dem 401k gibt es nicht. Mitarbeiteraktien haben keine politische Lobby.

Eine europäische Finanztransaktionssteuer, die dazu gedacht war Spekulationen von Banken zu unterbinden, werden nur langfristig orientierte Aktienanleger zu zahlen haben. Die Liste könnte beliebig verlängert werden.

Und dann sind die Aktienindizes in Deutschland auch noch randvoll mit Aktienunternehmen aus Sektoren, die vor strukturellen Herausforderungen stehen. Automobil, Banken, Stahl und vieles mehr. Eine rare Ausnahme bildete hier das Fintech Wirecard.

Was man zum jetzigen Stand sagen kann: Die Bank, die einen Großteil der Erträge im Auslandsgeschäft mit Hilfe von Treuhändern erzielt hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt die auf den Treuhandkonten geparkten Gelder, immerhin in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, nicht verifizieren. Sprich: Der Vorstand weiß nicht, ob das Geld tatsächlich da ist. Die beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, KPMG und E&Y, die sich der Sache angenommen haben, konnten ebenfalls keine Dokumente erhalten, die eine solche Schlussfolgerung zulassen.

Das ist bitter. Für eine Bank, wie Wirecard, ist dies allerdings ein Desaster. Dabei war Wirecard ein Liebling der Anleger, ähnlich emotional aufgeladen, wie die Lufthansa. Eine Facebook-Gruppe mit Anlage-Fans von Wirecard hatte mehr als 4.000 Abonnenten.

Auch die BaFin hat sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Das Leerverkaufsverbot war für viele Privatanleger ein klares Signal dafür, dass die BaFin im Interpretationsstreit von Wirecard mit dem Financial Times-Journalisten klar Position bezieht.

Was heißt dies nun für die Aktienkultur in Deutschland? Immerhin war Wirecard Teil des illustren Leit-Index DAX-30? Erleben wir einen zweiten Deutsche Telekom-Moment? Schließlich war es der Börsengang der Deutschen Telekom, der vielen deutschen Anlegern die Aktie schmackhaft gemacht hat, nach herben Verlusten zu Zeiten des Neuen-Marktes aber auch dazu geführt hat, dass sich Anleger in Scharen wieder von der Aktie als Anlageobjekt getrennt haben.

Ganz so schlimm wird es nicht. Aber es zeigt sich, dass eine solide Bilanzanalyse zur Aktienanlage dazugehört. Dies war bei Wirecard aufgrund der vielfachen Schachtelungen und komplexen Zahlungsströme gewiss nicht einfach. Schließlich gehören auch die Fondsgesellschaften DWS, Union Investment und BlackRock zu den größten Aktionären. Aber ein Spruch von Warren Buffett bewahrheitet sich wieder: Kaufe nur, was Du auch verstehst.

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