Außergewöhnliche Umstände am Reiseziel berechtigen zu kostenlosem Rücktritt

Wien (OTS/VKI) - Nach den massiven Medienberichten über die Verbreitung des Coronavirus stellt sich die Frage, welche Rechte Reisende haben, wenn sie ihre bevorstehende Reise nach China nicht antreten wollen oder können. Am meisten Infektionen wurden bislang aus der chinesischen Millionenstadt Wuhan (Hauptstadt der Provinz Hubei) gemeldet. Vereinzelt bekannt sind derzeit Fälle aus anderen chinesischen Regionen und auch anderen Ländern. Der VKI gibt Auskunft, unter welchen Voraussetzungen Reisende ein Rücktrittsrecht in Anspruch nehmen können.

Verbraucher, die eine Pauschalreise gebucht haben (das ist eine Kombination von mehreren Reiseleistungen, z.B. eine China-Rundreise inkl. Flug, Hotels und Beförderung vor Ort), haben das Recht, vor Antritt der Reise vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. Zu solchen außergewöhnlichen Umstände gehören erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit, wie der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel. Reiseveranstalter müssen in diesem Fall alle vom Reisenden für die Pauschalreise geleisteten Zahlungen zurückzahlen.

Ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls und vorab nicht sicher zu beantworten. Bei einer Pauschalreise, die direkt in die betroffenen Gebiete führen soll (insbesondere die Umgebung von Wuhan), liegen aller Wahrscheinlichkeit nach außergewöhnliche Umstände vor, die zu einem kostenlosen Rücktritt berechtigen. Auch die 70 km östlich von Wuhan gelegene Metropole Huanggang wurde von den chinesischen Behörden isoliert. Bei Pauschalreisen in andere Gebiete von China, die sehr weit von der hauptsächlich betroffenen Region entfernt sind, kann derzeit nicht gesichert von einem Rücktrittsrecht ausgegangen werden. Nach Meinung des VKI sprechen auch hier einige Punkte für ein Rücktrittsrecht. Eine klare Reisewarnung des Außenministeriums würde jedenfalls als Rücktrittsgrund gelten, muss aber nicht zwingend vorliegen. Von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) wird derzeit die Gefährdungslage in China als sehr hoch eingestuft, das internationale Gefährdungsniveau für hoch. Das US-Außenministerium rät von Reisen nach China ab.

Muss der Reiseveranstalter wesentliche Teile einer Pauschalreise erheblich ändern (z.B. eine ganz andere Route einer China-Rundreise oder erhebliche Änderungen der Reise durch Reisebeschränkungen im Landesinneren von China), kann der Reisende der Änderung widersprechen und ebenfalls vom Vertrag kostenfrei zurücktreten.

Liegen die Voraussetzungen für einen kostenlosen Rücktritt (noch) nicht vor, möchten Reisende aber dennoch von ihrer geplanten Pauschalreise Abstand nehmen, so können sie gegen eine angemessene Entschädigung (im Pauschalreisevertrag sind hierzu meist Stornosätze ausgewiesen) vom Pauschalreisevertrag zurücktreten.

Für Individualreisende, die einen Flug nach China gebucht haben, bieten derzeit einige Fluglinien ein kostenloses Stornorecht an. So können derzeit z.B. bei der Austrian Airlines und der Lufthansa Tickets, die vor dem 24.01.2020 gebucht wurden, einmalig kostenlos storniert oder umgebucht werden.

„In jedem Fall empfehlen wir Reisenden, die Situation weiter zu beobachten und bei Änderung der Umstände gegebenenfalls Rücksprache mit dem Reiseveranstalter bzw. der Fluglinie zu halten“, rät Mag. Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI.

SERVICE: Weitere Informationen zum Thema gibt es auf [www.verbraucherrecht.at] (http://www.verbraucherrecht.at).