Sind Österreichs Reiche knausrig? Österreichs Reiche sind knausrig, so zumindest könnte man auf den ersten Blick jene Daten interpretieren, die vom “European Re- search Network on Philanthropy” - kurz ERNOP - im Rahmen der Studie “Giving in Europe” veröffentlicht wurden. Demnach stammen nur sechs Prozent jener 950 Millionen Euro, die im Erhebungsjahr 2013 gespendet wurden von Stiftungen. Den Löwenanteil trugen Haushalte und Körperschaften (wie z.B. Unternehmen - siehe Grafik 1). Zum Vergleich: In der Schweiz wird das Spendenvolumen zu 30% von Stiftungen gestellt, in Deutschland sind es laut “Giving in Europe” 25% und in Dänemark gar 58%.

Allein, Zahlen wie diese bilden nur die halbe Wahrheit ab, wenn überhaupt. Wer sich ein umfassenderes Bild verschaffen will, muss schon ein wenig tiefer forschen und auch die Umweltfaktoren mit einbeziehen. Und um die ist es in Österreich nicht zum Besten bestellt, vor allem wenn es um Zuwendungen von Privatstiftungen geht. Constantin Veyder-Malberg, Vorstand der Capital Bank, erzählt dazu folgendes Beispiel: “Es ist schon eine Zeit lang her, da wollte ein Milliardär auf Grund eines tragischen Verlustes aus seiner Privatstiftung eine Milliarde an die Krebsforschung stiften. Sein Stiftungsvorstand hat ihn dann pflichtgemäß darauf hingewiesen, dass er tiefer in die Tasche greifen muss, wenn er eine Milliarde spenden will, denn für die Milliarde wäre noch eine Ausschüttungs-KESt von 25% fällig.” Der Milliardär hat dann nicht gespendet, der Krebsforschung ging eine Milliarde flöten und die Ausschüttungs-KESt wurde zwischenzeitig auf 27,5% angehoben. Manchmal können österreichische Steuergesetze schon eine skurrile Wirkung entfalten. Dem nicht genug verlässt man sich im Hochsteuerland Österreich gerne darauf, dass Vater Staat schon alles richten wird. Gehört doch schließlich zu seinen Pflichten. In einer Studie der Abteilung für Nonprofit Management an der WU Wien heißt es dazu: “Als ein wesentlicher Grund für das gering ausgeprägte phi- lanthropische Engagement in Privatstiftungen wurde im Rahmen unserer Interviews das Fehlen eines entsprechen- den Selbstverständnisses und einer diesbezüglichen Tradition in Österreich hervorgehoben. Vielmehr würde der überwiegende Anteil der StifterInnen die Erbringung gesellschaftlich-relevanter Leistungen dem Staat zuschreiben und in dessen Aufgabenbereich verorten. Dies geht einher mit einem gewissen Vertrauensmangel in den Staat und einem Gefühl der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Besteuerung von Stiftungen.”

Seit der Erstellung der Studie hat sich rechtlich etwas ver- ändert, doch die Komplexität ist geblieben. Eine Komplexität, die noch immer zahlreiche Stifter bzw. Stiftungen davor zurückschrecken lässt sich philanthropisch zu engagieren, wie Constantin Veyder-Malberg meint: “Wir als Bank sind gewohnt mit Komplexität umzugehen, als Privatbank haben wir außerdem viele Kunden die Vermögen haben. Und einige dieser Kunden würden sich gerne engagieren, was in Bera- tungen immer wieder ein Thema war.” Ein Gespräch mit Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbandes Österreich, der vor einigen Jahren durch die Vorstandsetagen der österreichischen Banken zog, um sie davon zu überzeugen, dass die Rechtslage für Großspender in Österreich verbesserungswürdig ist, gab dann den Ausschlag. Die Capital Bank gründete die “Stiftung Philanthropie Österreich” und bietet als erste Privatbank Österreichs zusätzlich zu ihren sonstigen Leistungen auch Philanthropie-Beratung an.

Rasch und unbürokratisch helfen

Ziel der Stiftung ist es rasch und unbürokratisch dafür zu sorgen, dass das gestif- tete Geld dort landet wo es gebraucht wird. Ab einem Betrag von 50.000 Euro wird aus einer Spende eine sogenannte “Zustiftung”. Der Zustifter kann selbst entscheiden wohin das Geld fließt. Er muss dies nicht sofort tun, sondern kann das Geld auch eine Zeit lang in der Stiftung hinterlegen und sich erst später entscheiden. Außerdem kann er selbst Projekte vorschlagen in die das Geld fließen soll. Für die organisatorische Abwicklung sorgt die Capital Bank, die ihre Organisation unentgeltlich zur Verfügung stellt. Dadurch, dass die Stiftung Philanthropie Österreich als gemeinnützige Stiftung anerkannt ist, sind Spenden und Zustiftungen an die Stiftung auch steuerlich abzugsfähig. Constantin Veyder-Malberg: “Im Grunde sind wir so etwas wie ein Donor-Adviced Fund. Ein in den USA gebräuchliches Vehikel um Geldgeber in punkto Philanthropie zu beraten. Das Schöne an unserer Rolle ist, dass wir unmittelbar wirken können und einem Spender oder Stifter dabei helfen, dass das Geld auch tatsächlich in vollem Umfang, also brutto beim Empfänger ankommt.”

Bei Kleinspenden kann man Österreich zwar eine gute Kultur bescheinigen - Stichwort “Licht ins Dunkel” - bei Großspenden hinkt unser Land aber noch immer hinterher. Philanthropie ist hierzulande noch kein “Massenphänomen” unter den Vermögenden. Anders als in den USA wo bereits im August 2010 von Bill und Melinda Gates und Warren Buffett die Initiative “Giving Pledge” gestartet wurde. Die Initiative richtet sich in erster Linie an Milliardäre, die versprechen sollen, dass sie einen großen Teil ihres Vermögens der Allgemeinheit spenden. Schon im August 2010 versprachen 40 US-Milliardäre, nach Möglichkeit mindestens die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. Darunter befanden sich der damalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und George Lucas, der Schöpfer der Star-Wars- und Indiana-Jones-Filmreihen. Mittlerweile haben sich 204 Menschen bzw. Familien aus 23 Ländern der Initiative angeschlossen. Auf der Webseite “givingpledge.org” werden die Namen und Beweggründe der Stifter veröffentlicht, um damit auch andere für die Initiative zu begeistern.

US-Bürger spenden mehr als Europäer

Doch nicht nur die Superreichen spenden in den USA. Laut Statistik wurden in den USA im Jahre 2017 umgerechnet 362,85 Milliarden Euro gespendet. Umgelegt auf die Einwohnerzahl bedeutet dies, dass jeder US-Bürger 1.113 Euro im Jahr 2017 gespendet hat. In Europa lag das Aufkommen im Schnitt bei 90 Euro pro Kopf. Allerdings muss dabei angemerkt werden, dass das Spendenaufkommen in Europa - wohl nicht zuletzt auch auf Grund der deutlichen Unterschiede bei den Einkommen in den EU-Staaten - sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Österreich liegt seit Jahren im Mittelfeld.

Eines zeigen die Zahlen aus den USA aber ganz genau: Philanthropie als Geisteshaltung ist in den USA bzw. im angelsächsischen Sprachraum deutlich ausgeprägter als hierzulande. Eine Frage der Mentalität: “Natürlich. Manche Österreicher werden, wenn sie von eine Großspende z.B. von Mark Zuckerberg hören, sofort sagen, dass das ein Steuersparmodell ist. Bei der unterschiedlich hohen Steuerbelastung zwischen den USA und Österreich darf man sich aber nicht wundern, dass viele Österreicher der Meinung sind, dass der Staat die Dinge richten soll”, sagt Constantin Veyder-Malberg: “Das Argument ich zahle genug Steuern ist allerdings falsch. Vor allem vor dem Hintergrund, dass man bis zu zehn Prozent seines Einkommens spenden und dann steu- erlich absetzen kann. Wer Steuern zahlt, kann nicht entscheiden wohin das Geld fließt. Beim Spenden kann ich hingegen sehr wohl bestimmen, was mit dem Geld gemacht wird. Und das Schöne daran: Der Staat finanziert durch die Steuerersparnis das Projekt in das ich mein Geld einzahle sogar mit.” Die Stiftung Philanthropie Österreich sorgt durch ihre Meldung ans Finanzamt dafür, dass die Spenden auch tatsächlich steuerlich berücksichtigt werden.

Durch ihre Zugehörigkeit zum Verband “Transnational Giving Europe” (TGE) kann die Stiftung aber auch auf ein europäisches Netzwerk zugreifen, dass dabei hilft grenzüberschreitende Spenden durchzuführen. “Will zum Beispiel ein Franzose für den Erhalt des Stephansdoms spenden, wendet er sich an die französische Partnerstiftung, die dann mit uns in Kontakt tritt, um die Spende abzuwickeln. Umgekehrt können wir einspringen, wenn ein Österreicher eine Spende im Ausland tätigt und diese steuerlich berücksichtigen will. Wir sind in diesem Zusammenhang so etwas wie eine Prüfstelle, die den ordnungsgemäßen Ablauf garantiert.”

Ein Leben gerettet

Welche Beweggründe veranlassen Menschen nun einen größeren Geldbetrag in die Stiftung einzuzahlen? Veyder-Malberg: “Einer unserer Zustifter hat mit 10.000 Euro eine lebensrettende Operation für ein Kind im AKH bezahlt. Er hat damit ein Leben gerettet. Hand aus Herz - das ist doch geiler als jede Performance, die sie jemals mit 10.000 Euro erzielen können. Wenn ich etwas Gutes tue macht das ein warmes Gefühl ums Herz, weil ich jemanden glücklich mache. Und ganz ehrlich: Wofür soll Geld sonst da sein als jemanden glücklich zu machen.”

Aus dem Börse Express-PDF vom 19. September - dort mit allen Charts und Grafiken.