Die Aktionäre der Commerzbank dürften aktuell nicht gerade in Jubel ausbrechen, denn die Aktie hat mit 5,78 Euro den tiefsten Stand seit zwei Jahren erreicht. Doch ist dies der Anfang einer Abwärtsspirale oder kann die Bankenaktie schon bald die schlummernden Potenziale ausschöpfen? Niemand hat eine Glaskugel und es gibt Argumente für beide Richtungen. Also werfen wir einen genaueren Blick auf das, was passiert ist.

Schauen wir uns die Entwicklung im Jahr 2018 an, fällt auf, dass die Commerzbank-Aktie bisher eigentlich fast nur eine Richtung kannte: nach unten. Nach größeren Verlusten im März und im Mai setzte das Papier Anfang Dezember erst so richtig zum Sinkflug an:

Datum

Schlusskurs

03.12.2018

7,72 Euro

06.12.2018

6,93 Euro

11.12.2018

6,47 Euro

12.12.2018

6,94 Euro

17.12.2018

6,35 Euro

20.12.2018

5,78 Euro

Tabelle 1:  Markante Kurspunkte der Commerzbank-Aktie im Dezember 2018

Das kleine Hoch am 12.12.2018 war die Reaktion auf neue Gerüchte rund um eine mögliche Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank. So wird offenbar auch in der Politik die Meinung vertreten, dass Deutschland im Bankenbereich einen nationalen Champion benötigt. Leider ist dieser nur dann schlagkräftig, wenn ein zukunftsfähiges Konzept entwickelt wird. Aktuell scheinen die Anleger der Commerzbank-Aktie nicht allzu viel Vertrauen entgegenzubringen, denn es ging postwendend weiter bergab.

Die 6-Euro-Marke ist gefallen – wie tief geht es jetzt runter?

Gestern hat die Commerzbank-Aktie erstmals seit 2 Jahren die wichtige Unterstützung von 6 Euro nach unten durchbrochen. Ist das das Zeichen zum Angriff auf das Allzeittief? Seit Anfang Dezember ging es immerhin um 20% runter und der Kursverlust aufs Jahr gesehen liegt sogar bei ca. 40%. Also keine guten Nachrichten. Doch wie tief geht es noch runter?

Was kann den Abwärtssog aufhalten?

Ein Blick auf den Chart zeigt nächste Unterstützungsmarken bei 5,88 Euro und 5,39 Euro aus dem Jahr 2016. Werden diese durchbrochen, kann es letztlich sogar auf 5,19 Euro runtergehen. Was kommt danach? Sollten die Bären sich durchsetzen, könnte es auf ein neues Allzeittief hinauslaufen.

Sinkflug mit Potenzial – Analysten zum großen Teil optimistisch

Trotz der letzten Abstürze sehen die Analysten nach wie vor großes Potenzial in der Aktie der Commerzbank. So gehen viele Fachleute nach wie vor von Steigerungsmöglichkeiten zwischen 50 und 60% aus, auch wenn sie nun etwas weniger optimistisch sind als zuvor. So hat die HSBC das Kursziel für die Aktie von 13 auf 10 Euro gesenkt und auch das Analysehaus RBC geht jetzt eher von einem geringeren Potenzial für die Zukunft aus. Trotzdem wird weiterhin „Outperform“ als Einstufung ausgegeben. Ähnlich ging auch die DZ Bank vor, die zwar das Kursziel senkte, dafür aber die Aktie von „Halten“ auf „Kaufen“ aufstufte.

Folgende Kursziele sehen die Analysten aktuell:

Analyst

Kursziel alt

Kursziel neu

HSBC

13 Euro

10 Euro

RBC

10 Euro

8,50 Euro

DZ Bank

9,20 Euro

8,50 Euro

Tabelle 2: Neue Kursziele der Analysten für die Commerzbank-Aktie im Dezember 2018

Die Fesseln des Marktumfelds – was die Commerzbank-Aktie nach unten drückt

Die Aktie ist auf Talfahrt und auch die Analysten fahren ihren Optimismus leicht sowie ihre Kursziele deutlich zurück. Da stellen sich Anleger natürlich die Frage: Woran liegt das eigentlich? Es gibt sicherlich einige hausgemachte Gründe, aber aktuell spuckt auch das Marktumfeld der Großbank in die Suppe:

  1. Ungünstiges Zinsumfeld – Draghi lässt die Zinsbremse angezogen

Die andauernde Niedrigzinspolitik der EZB tut den Banken in Deutschland generell keinen Gefallen. Banken verdienen mit Zinsen bekanntlich einen nicht unerheblichen Teil Ihrer Gewinne, jedoch ist dies aktuell kaum möglich. Dies gilt umso mehr im Privatkundengeschäft, welches die Bank zuletzt sehr forciert hat.

  1. Wirtschaftliche Abkühlung – Gewitter an der Konjunkturfront

Wirtschaftsforschungsinstitute haben zuletzt reihenweise ihre Konjunkturprognosen nach unten korrigiert. Und das nicht zu knapp:

  • IFW: 1,5% für 2018 (statt wie bisher 1,9%)
  • RWI: 1,6% für 2019 (statt wie bisher 1,9%)
  • DIW: 1,5% für 2018 (statt wie bisher 1,8%)

Eine wirtschaftliche Abkühlung hätte definitiv eine sinkende Investitions- und Konsumtätigkeit zur Folge. Dies wäre wiederum schlecht fürs Kreditgeschäft – dem bekanntlich wichtigsten Standbein der Banken.

Insgesamt also keine guten Aussichten für die Zukunft. Dazu kommt natürlich, dass Aktionäre bekanntlich ungern ins fallende Messer greifen und aktuell trotz einer fast schon günstigen Aktie nicht zugreifen.

Verstecktes Gold – wo liegen die Potenziale?

Bei all den schlechten Nachrichten ist sicherlich die Frage erlaubt, wo eigentlich das Potenzial liegt. Es gibt ja immer wieder Stimmen, die der Commerzbank mangelnde Innovationsfähigkeit vorwerfen. Dies kann jedoch so nicht stehengelassen werden. Immerhin verfügt die Bank mit ca. 1.050 Filialen und 90 Geschäftskundenzentren über das dichteste Filialnetz deutscher Privatbanken. Zudem bieten das Commerzbank Onlinebanking und die Online-Kontomodelle einen sehr guten Service. Die Bank scheint den Fokus nun auch auf Privatkunden zu legen und versucht mit kostenlosen Konten, neue Kunden zu gewinnen. Offenbar ein Teil der Restrukturierungsmaßnahmen, die die Großbank wieder auf Kurs bringen sollen.

Großes Filialsterben bei den Banken – war da was?

Schaut man sich die Filialen der Commerzbank an, könnte man davon ausgehen, dass die Markttrends einfach an dem Finanzinstitut vorbeigegangen sind. Wo andere Banken massenhaft Filialen schließen, bleibt die Commerzbank ihren Kunden erhalten. Damit stößt die Bank tatsächlich in eine Nische vor und konnte zuletzt neue Privatkunden von sich überzeugen.

Bis zum Jahr 2020 sind offenbar 2 Millionen Neukunden in diesem Segment geplant. Schafft es die Bank, die Kosten für die Filialen weiter zu senken, könnte diese zu einer echten Erfolgsstory werden. Die neuen City-Filialen mit wenigen Mitarbeitern und geringer Standortfläche scheinen hier in die richtige Richtung zu weisen.

Die Commerzbank plant offenbar, für das aktuelle Jahr wieder eine Dividende auszuschütten. Mit 0,20 Euro pro Aktie und einer Dividendenrendite von ca. 3,20 Euro könnte die Bank sich erstmals seit 2015 in diesem Bereich wieder Freunde an der Börse machen. Ein positives Signal, jedoch ist allgemein bekannt, dass Investoren in Bezug auf die Dividende nur langsam Vertrauen aufbauen und lieber auf Titel setzen, die auch wirklich langfristig gute Dividenden abwerfen. Wir werden sehen, wie sich das Ganze entwickelt.

Die Commerzbank-Aktie macht es den Anlegern nicht leicht

Aktuell ist die Commerzbank-Aktie für Anleger eine ziemlich undurchsichtige Angelegenheit. Der Zweikampf zwischen den optimistischen Analysten und den Bären mit Leerverkäufen ist noch nicht entschieden und solange heißt es einfach: abwarten. Wer das nötige Vertrauen in die Privatkunden-Fokussierung und Restrukturierung aufbringt, kann sich bei einem Kauf eventuell schon bald über attraktive Kursgewinne freuen. Sollte die Konjunkturbremse allerdings voll zuschlagen, brauchen Anleger wohl einen langen Atem.