In den ersten Bundesländern sind die schönen Sommerferien schon wieder vorbei. Millionen Familien kommen jetzt nach Hause und wollen ihre Urlaubsfotos aus aller Welt für sich selbst oder für die Nachwelt festhalten. Wurde dabei früher oft zu Schere und Klebstoff gegriffen, so genügen heute dank der Digitalisierung ein paar Klicks, um schnell ein ansprechendes Fotobuch zu erstellen. Wer nun viel Wert auf hohe Qualität legt, landet oft bei den eher hochpreisigen Produkten des Fotodienstleisters Cewe. Aber die günstigere Konkurrenz aus der Discounter- und Drogeriebranche könnte dem Platzhirsch gefährlich werden. Was bei Cewe los ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief:

DAS IST LOS BEI CEWE:

Cewe bietet neben den klassischen Fotoabzügen auch verwandte Produkte wie Poster oder Grußkarten an, ist aber vor allem für seine Fotobücher bekannt. Auf diesem Gebiet ist das Unternehmen in Deutschland gegenwärtig Marktführer.

Die ganz analogen Ursprünge des Unternehmens liegen im norddeutschen Oldenburg. Bereits kurz vor dem Ersten Weltkrieg gründeten August Friedrich Carl Wöltje und seine Frau Helene dort eine "Photographische Anstalt". Kurz nach der Währungsreform im Jahr 1948 stieg dann der Schwiegersohn Heinz Neumüller in das Unternehmen ein, der 1961 mit dem Aufbau eines Fotogroßlabors den Grundstein für die heutige Firmengruppe legte. Zu Ehren des Schwiegervaters prägen seitdem die Initialen "CW" oder eben "CeWe" den Firmennamen.

Bereits wenige Jahre später erlebte Neumüller mit dem Übergang von der Schwarz-Weiß- zur Farbfotografie einen wichtigen Innovationsschub in der Branche. Der Wandel von der analogen zur digitalen Fotografie stellte das Unternehmen von 1994 an vor eine harte Bewährungsprobe: Die Zahl der Labore wurde nahezu halbiert und mehr als 1000 Mitarbeiter entlassen. "Zwischen 2005 und 2009 betrugen die Restrukturierungsaufwendungen durchschnittlich mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr - damals praktisch der halbe Jahresgewinn", erinnerte sich der aktuelle Finanzchef Olaf Holzkämper.

Ab etwa dem Jahr 2010 griffen dann die Maßnahmen und der Umsatz legte wieder zu. Auch aktuell läuft es bei Cewe gut: Vor allem die deutlich gesteigerte Anzahl der verkauften Fotobücher trug zum Wachstum im Kern-Geschäftsbereich Fotofinishing bei, also dem Geschäft mit Foto-Dienstleistungen für Privatpersonen. Das Unternehmen erhöhte deshalb sogar die Umsatzprognose für das laufende Jahr. Weitere Wachstumsimpulse erhofft sich Cewe von dem Zukauf des Wandbild-Spezialisten Whitewall.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die meisten Analysten prognostizieren den Cewe-Aktien eine strahlende Zukunft und empfehlen, die Anteilsscheine zu kaufen. "Der Fotodienstleister ist ein grundsolides Unternehmen", schrieb etwa Volker Bosse von der Baader Bank. Das wichtige Geschäft mit Fotobüchern profitiere von der hohen Qualität, die Cewe hier anbiete.

Auch insgesamt sei der Fotodienstleister stark positioniert für weiteres Wachstum, ergänzte der Experte Thilo Kleibauer vom Analysehaus Warburg Research. Bei der Profitabilität habe das Unternehmen im Fotofinishing noch Potenzial. Zudem zeuge der angehobene Umsatzausblick von Cewe für Zuversicht, meinte der Fachmann Charles Bordes vom Analysehaus Kepler Cheuvreux.

Die Deutsche Bank aber tut sich schwer, in den allgemeinen Jubel einzustimmen. Das verwundert kaum, da auch Wettbewerber wie dm, Rossmann, Aldi oder Lidl schon immer wieder mal in verschiedenen Kategorien zu Testsiegern gekürt wurden. Bereits seit Monaten rät Analystin Franziska Eckersberger den Anlegern, ihre Cewe-Aktien lieber zu halten statt noch weiter zuzukaufen. Wegen des Preisdrucks in Deutschland und einer schwachen Nachfrage in Großbritannien reduzierte sie bereits 2018 ihre längerfristigen Umsatz-Annahmen ein wenig. Und wenn die Briten tatsächlich in der Halloween-Nacht dieses Jahres ungeregelt aus der Europäischen Union ausscheiden sollten, haben sie angesichts des schwachen Pfunds vielleicht in der Tat anderes zu tun, als teuer ins Ausland zu reisen und dort hübsche Fotos zu schießen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

1993 konnten in Frankfurt erstmals Aktien der CeWe Color Holding AG gezeichnet werden. In den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende führten die Papiere ein Schattendasein mit Kursen zwischen knapp 26 und gut 10 Euro, bevor die Anteilsscheine Anfang 2005 einen ersten Schub nach oben erfuhren. Bei rund 54 Euro erreichten sie ein Rekordhoch. Die Finanzkrise und ein zwischenzeitlicher Konflikt mit aktivistischen Aktionären jedoch setzten die Anteilsscheine wieder unter Druck, und die Talfahrt ließ die Aktien bis Oktober 2008 wieder auf gut 10 Euro zurückfallen.

Nach diesem Tiefschlag ging es mit den Aktien nahezu ungebrochen nach oben. 2013 erfolgte die Umwandlung der Gesellschaftsform in eine Stiftung & Co. KGaA, um den Einfluss potenzieller weiterer Heuschrecken auf das Unternehmen zu begrenzen. Und seit 2014 fallen bei den Aktien auch wieder die Rekordmarken. Die Rally führte die Papiere bis auf den Höchststand von gut 93 Euro im Januar vergangenen Jahres. 2018 aber war am Ende ein desaströses Aktienjahr und so sackten die Anteilsscheine im Dezember bis auf knapp 60 Euro ab.

Anfang dieses Jahres machte es bei den Anlegern von Cewe plötzlich wieder "klick": Die Aktien nahmen im Spurttempo an der allgemeinen Markterholung teil und zogen bis auf fast 91 Euro an. Von dort aber ging es zuletzt wieder etwa nach unten bis auf Kurse bei gut über 80 Euro. Mit dieser charttechnischen Reaktion haben die Investoren des Fotodienstleisters bereits mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht: In den letzten Jahren hatte sich die Region um 90 Euro immer wieder als hartnäckiger Widerstand erwiesen./la/bek/stk

 ISIN  DE0005403901

AXC0071 2019-08-06/08:35

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