31. Juli 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Sommerliche Zurückhaltung und wieder

steigende Corona-Fallzahlen dämpfen die Risikofreude am Bond-Markt. Im Handel mit

Unternehmensanleihen bewegen FCR Immobilien, Preos Real Estate, Otto und UBM

Development die Anlegergemüter. Im ersten Halbjahr gab es so viele Neuemissionen wie

nie.

Schlechter als erwartete Wirtschaftsdaten in Europa und den USA gepaart mit weltweit

tendenziell steigenden Corona-Infektionszahlen verdirbt so manchem Anleger derzeit

scheinbar die Freude am Risiko. "In dieser Woche war Sicherheit gefragt", bemerkt

Arthur Brunner von der ICF Bank. Das reflektierten auch die Kurszuwächse von

Anleihen bonitätsstarker Länder. Etwa legte der Euro-Bund-Future als Gradmesser für

die künftige Zinsentwicklung seit Montag von 176,06 auf 177,62 Prozent zu.

Vorsicht besser als Nachsicht

Im Handel mit Unternehmensanleihen erkennt Gregor Daniel von der Walter Ludwig

Wertpapierhandelsbank eine "gewisse Verweigerung etwas zu kaufen". Nach der starken

Erholung am Corporate Bonds-Markt stimme für viele Investoren das Chance-Risiko-

Verhältnis nicht. Notiere ein Wert zum Beispiel um 98 Prozent, fehle es an Ideen

hinsichtlich des weiteren Potenzials. "Wie schnell es bergab gehen kann, wurde in

der Krise deutlich."

Anleger sind auf der Hut. Das erkenne Daniel auch am anhaltenden Interesse, sich

Gold ins Depot zu holen. Zum neuen Hoch von 1.950 US-Dollar pro Feinunze Gold am

Dienstag habe größtenteils die Investmentnachfrage beigetragen. Auch die Nachfrage

nach physischem Gold steige. Gegen Ende des zweiten Quartals habe Deutschland nach

Berechnungen des World Gold Council erstmals seit Jahrzehnten China als weltweit

größten privaten Käufer von Barren und Münzen abgelöst.

FCR Immobilien behauptet sich

Immobilienwerte gehören bei Daniel zu den meist gehandelten Corporate Bonds. Auf die

guten Zahlen der FCR Immobilien für das erste Halbjahr reagieren Bondinvestoren dem

Händler zufolge mit zumeist Käufen einer bis 2024 laufenden Anleihe des Unternehmens

(WKN A2TSB1), die jährlich 5,25 Prozent Zinsen bringt. Mit einem Anstieg der

Mieteinnahmen um 44 Prozent auf 13,8 Millionen Euro sowie Erlösen von 19,4 Millionen

Euro stehe FCR ganz passabel da. Durch die Ausrichtung auf Lebensmittelmärkte mache

sich die Corona-Krise bei dem Konzern weniger stark bemerkbar. Die Anleihe gewann im

Wochenverlauf deutlich von 95,20 auf gut 97 Prozent hinzu.

UMB schwenkt um

Nicht ganz so reibungslos steuert die österreichische UBM Development durch die

Krise. Das quittieren Anleger Daniel zufolge mit zwischenzeitlichen Verkäufen einer

in 2025 fälligen Anleihe (WKN A2R9CX) mit einem Kupon von 2,75 Prozent. Ebenso

verabschiedeten sich Besitzer von einem bis 2023 laufenden Bond (WKN A2RS14), der

nominal jährlich 3,125 Prozent abwirft. Auf Wochensicht treten beide Werte hingegen

mehr oder weniger auf der Stelle.

Das zurückgekehrte Vertrauen in UBM führt Daniel auf Anpassungen der

Geschäftsaktivitäten zurück. Das Management habe den Bau von Hotels reduziert: Von

den geplanten 16 Projekten befänden sich sieben bereits in der Konstruktion und

würden auch fertiggestellt. Drei davon seien im Vorfeld bereits verkauft worden. Die

verbleibenden neun Grundstücke würden anderweitig genutzt, wobei "Green Building"

und "Smart Office" künftig stärker zum Tragen kämen. Den Anteil von Wohnbauprojekten

plane UBM auf absehbare Zeit von 40 auf 50 Prozent zu erhöhen. Noch drückten die 13

von UBM in Europa betriebenen Hotels mit Verlusten von zehn Millionen Euro aber auf

die Ergebnisse. Die zu erwartenden Mietausfälle beziffert UBM mit zwei bis drei

Millionen Euro.

Vertrauen in Otto und Preos

Kaufnachfrage verbucht Daniel nach einer siebenjährigen Anleihe von Otto (WKN

A2TR80) mit einem Kupon von 2,625 Prozent. Das Papier legte in den vergangenen Tagen

von 100 auf 101 Prozent zu.

Starke Kaufnachfrage sieht Brunner in einer im Dezember 2024 fälligen Preos Real

Estate AG Wandelanleihe (WKN A254NA) mit einem Kupon von 7,5 Prozent. Im

Wochenverlauf legte der Bond von 95 auf 99,20 Prozent zu.

Rekordhohe Neuemissionen

Begeben Unternehmen derzeit saisonbedingt kaum neue Bonds, ist das Bild im ersten

Halbjahr ein ganz anderes. Die LBBW beziffert das Volumen von Neuemissionen in der

Gemeinschaftswährung auf 329 Milliarden Euro. Das entspreche einem Anstieg von 53

Prozent im Vorjahresvergleich. Ein "Weiter so" sieht die LBBW nicht und schätzt das

Neuemissionsaufkommen für das Gesamtjahr auf 500 Milliarden Euro. In der zweiten

Jahreshälfte gehe es traditionell weniger aktiv zu.

von: Iris Merker

31. Juli 2020, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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