Jetzt schau einer her, die Anleihemärkte bewegen sich ja doch. Was denn so alles an Erwartungshaltung am vermeintlichen Ende einer Pandemie auf uns zukommt hat für viele offensichtlich auch mit Inflation zu tun. Aber warum gerade jetzt? Wir hatten die Inflations-Erwartung ja schon mehrmals. Nie ist wirklich etwas daraus geworden. Gibt es da inzwischen Unterschiede zu früher? Oder ist das alles wieder nur eine Markterscheinung, die sich im Windschatten irgendeiner Blase kurzfristig entwickeln darf bevor sie die Notenbanken wieder ins Archiv der Geschichte abschieben?

Es sieht ganz so aus, als ob es diesmal anders laufen könnte. Als ob die Inflation sich wirklich nach oben bewegen wird und dies gar nicht mal so gewünscht, weil Inflation zu kontrollieren genauso schwierig ist wie sie aus dem Nichts einer Wirtschaftsentwicklung hervorzuzaubern. Der Grund für die gewandelte Annahme liegt in der Struktur der aktuellen Finanzhilfen begründet. Diese treffen die ganze Breite der Wirtschaftsbereiche: Industrie, Konsumwirtschaft, privates Einkommen, Arbeitslosigkeit und nicht wie noch 2008 nur die Banken. Wir alle werden von Väterchen Staat gerade geschützt, um nur ja gesund aus den Pandemiehöhlen in ein paar Wochen ans Licht der Konjunktursonne herauszutreten um unserer Bestimmung, Konsum bis zum Umfallen, mit neuer Kraft und gefühlt vollen Taschen, gerecht zu werden. Die ersten Vorzeichen dieser erwarteten Entwicklung sind schon lange bei uns angekommen. Manche davon gar nicht mal so sichtbar. So ist es für viele von uns nicht gar so evident, dass sich die Weizenpreise zeitweise um über 60% nach oben geschraubt hatten, dass Zucker ebenso am Weg nach oben ist, auch Tofu in Indonesien heuer bereits 30% mehr kostet und in Brasilien die Bohnen in zwei Monaten 50% teurer wurden. Und all dies sind keinen Schwierigkeiten bei Lieferketten oder nationale Kurzfristmomente geschuldet, sondern echte Preisanstiege aufgrund von Nachfrage und mangelndem Angebot. Währenddessen steigen aber auch die Preise für Industriemetalle in horrende Höhen. Kupfer und Eisenerz waren seit Jahren nicht so teuer wie heute. Begründet kann all dies mit zwei Faktoren werden, die hohe Nachfrage im Geiste erwarteter Lockdown-Öffnungen und der im Zuge genau dieser reduzierten Produktionsmöglichkeiten. Am Ende steht aber, ob Knusperwecken oder Elektrokabel, ein höherer Preis am Beleg. Und dieser Preisanstieg bedeutet Inflation.

Let’s face it. Wir werden in Zukunft mehr für unser Leben ausgeben, und dies wird uns vielleicht gar nicht als Zwang erscheinen. Wir werden gerne gut essen, gut leben, gut urlauben. Und während wir uns wegen des Preises für unsere Spaghetti unbewusst am Kopf kratzen, wird dabei eine Spur Italienfeeling den emotionalen Ausgleich schaffen. Auch das Tanken ums Eck wird gerade wieder teurer. Die Mehrwertsteuer die gerade wieder eingesetzt wird, und auch die CO² Steuer, die der Politik mitten während der Pandemie noch eingefallen ist, sorgen dafür. Und die beiden werden uns weiter begleiten, bis das Tanken von Benzin durch das Tanken von Strom ersetzt wird - und natürlich ist der Strompreis heuer auch bereits um 10% gestiegen. So viel ist fix.

Die Frage ist inzwischen nicht mehr, ob die Inflation kommt oder nicht. Sie kommt. Die Frage ist, wie sehr wir sie in unseren täglichen Wahrnehmungen erkennen und wie sehr sie unser Leben beeinflussen, womöglich einschränken wird. An den Finanzmärkten gilt Inflation als kritisch zu würdigendes Übel. Ein Faktor der einerseits den Stillstand bestraft und Unternehmen zwingt permanent an sich selbst zu arbeiten um nicht zurückzufallen, der aber auch andererseits den Ertrag aus Anleihen zur Gefahr hochadelt, denn jeder der angesichts inflationärer Entwicklungen sich fix verschuldet läuft eben Gefahr am Ende „real“ weniger zurück zu bekommen. Und wer will das schon? Also wird sich der Fokus auf jene Chancen im inflationären Umfeld richten, die dieser Geldentwertung auch entgegnen können. Wichtig ist es daher, immer die Quelle der Inflationsentwicklung zu erkennen. Wenn es der steigende Preis für Öl ist, gilt es die Profiteure dieser Entwicklung zu finden. Wenn Weizenpreise steigen dann geht die Suche nach den Mühlen los. Wenn es die Konsumgüter sind, dann sehen wir uns die Produzenten von Flachbildschirmen und Autos an.

Alles in Bewegung alles im Fluss und alles auf der Flucht vor der Inflation…

Aus dem Börse Express-PDF vom 03. März - hier zum kostenlosen Download

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