FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank
(EZB) hat am Donnerstag den Dax kurzzeitig unter
Druck gesetzt und für starke Schwankungen gesorgt. Dabei radierte
der deutsche Leitindex seine Gewinne kurzzeitig vollständig aus und
rutschte ins Minus, nachdem die Währungshüter den Leitzins um 0,5
Prozent auf 3,5 Prozent angehoben hatten. Zuletzt stand der Dax
wieder mit 0,96 Prozent im Plus bei 14 876,50 Zählern. Offenbar
taten sich die Börsianer mit einer Einschätzung schwer, werteten den
Schritt dann aber doch positiv.
Am Morgen noch hatte der Dax seinen Kursverlust von mehr als drei
Prozent vom Vortag teils aufgeholt und nur knapp die psychologisch
wichtige Marke von 15 000 Zählern verpasst. Dabei hatte das
Rettungspaket für die angeschlagene Schweizer Großbank Credit Suisse
geholfen, die zuletzt durch die Kurskapriolen im
Banksektor strapazierten Nerven der Anleger zu beruhigen.
Auch der Index der mittelgroßen Unternehmen MDax
änderte mehrfach die Richtung, hier stand zuletzt ein Plus von 0,29
Prozent auf 26 868,81 Zähler zu Buche. Der EuroStoxx 50
notierte zeitgleich um 1,2 Prozent höher.
Von der EZB war am Markt zwar noch vor einer Woche eine Anhebung um
0,5 Prozentpunkte erwartet worden, nachdem Chefin Christine Lagarde
einen solchen Schritt schon im Februar signalisiert hatte. Die
jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hatten jedoch ein großes
Fragezeichen über das weitere Vorgehen aufgeworfen und es war
zuletzt auch ein kleinerer Schritt für möglich gehalten worden.
Michael Heise, Chefvolkwirt von HQ Trust sieht den Entscheid
positiv: Dass die EZB keinerlei Abstriche mache, zeige, "dass sie
der Preisstabilität klare Priorität gibt und darin eine unabdingbare
Voraussetzung für stetiges Wachstum und stabile Finanzmärkte sieht".
Die Experten der Hessischen Landesbank Helaba weisen unterdessen
darauf hin, dass die EZB sich in ihrem begleitenden Statement nicht
auf weitere Zinserhöhungen festgelegt habe. "Alles in allem hat es
den Anschein, dass die Währungshüter sich eher in Zurückhaltung üben
könnten und das Zinstempo reduzieren. Es ist eine Gratwanderung und
die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, dass das Risiko einer
Übersteuerung hoch ist."
Hierzulande rutschten die Banken nach dem Zinsentscheid ab.
Commerzbank -Anteile dämmten ihre Erholungsgewinne auf
ein moderates Plus von 0,2 Prozent ein, die Papiere der Deutschen
Bank verloren zuletzt gut 1,6 Prozent. Am Morgen hatte der
Bankensektor im Zuge der Kursgewinne der Credit Suisse noch deutlich
zulegen können. Die Schweizer hatten sich bei der heimischen
Notenbank Kredite von bis zu 50 Milliarden Franken (knapp 51 Mrd
Euro) gesichert. Die tags zuvor auf ein Rekordtief gedrittelten
Papiere konnten sich daraufhin in Zürich fast vollständig vom
Kursrutsch erholen.
Abseits der Banken gehörten Deutsche Börse nach einem
positiven Analystenkommentar und einer Hochstufung auf "Outperform"
durch die Credit Suisse mit einem Plus von mehr als drei Prozent zu
den Dax-Favoriten. Den Index führten die Papiere des
Energieversorgers Eon , die einen Tag nach der
Zahlenvorlage ihren positiven Kurstrend fortsetzten.
Siemens Energy trotzten mit einem Plus von 2,6
Prozent dem prinzipiell belastenden Effekt einer milliardenschweren
Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Komplettübernahme der
Windkrafttochter Siemens Gamesa . Der Markt sei auf
den Schritt bereits gut vorbereitet gewesen, hieß es von Börsianern.
Der Pharmaforscher Evotec konnte mit der Nachricht
über Fortschritte in seiner Kooperation mit dem US-Konzern Bristol
Myers Squibb (BMS) und einer Millionenzahlung punkten, die Papiere
legten um 3,6 Prozent zu.
Bei Grand City Properties kam dagegen der Verzicht
auf eine Dividende nicht gut bei den Anlegern an. Die Papiere
rutschten als SDax -Schlusslicht auf ein
Tief seit Februar 2014, zuletzt betrug das Minus knapp neun Prozent.
Noch etwas mehr verbilligten sich in diesem Sog die Anteile am
Mutterkonzern Aroundtown . TAG Immobilien
verloren zudem nach einem vorsichtigen Ausblick knapp
fünf Prozent. Am Dax-Ende ging es für Vonovia um 3,7
Prozent bergab - eine Dividendenkürzung wird auch bei Europas
größtem Vermieter diskutiert, der seine Zahlen an
diesem Freitag vorlegt.
Der Euro legte nach seinem jüngsten Kursrutsch wieder
etwas zu und wurde am Nachmittag mit 1,0580 US-Dollar gehandelt. Die
EZB hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0549 Dollar
festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,34 Prozent
am Vortag auf 2,29 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel
um 0,33 Prozent auf 125,41 Punkte. Der Bund-Future
stieg um 0,15 Prozent auf 137,18 Zähler./tav/jha/
--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---
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