Die Angst vor unabsehbaren Folgen eines
"No-Deal-Brexit" hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt zum
Wochenschluss in die Defensive getrieben. "Der Brexit hat den
Haushaltsstreit zwischen Italien und der Europäischen Union als
Belastungsfaktor Nummer eins abgelöst", stellte Marktexperte
Christian Henke vom Broker IG fest. Die Anleger nähmen derzeit mit
einem Platz an der Seitenlinie vorlieb.
Nach einem festeren Handelsstart bröckelte der Dax im
Verlauf deutlich ab, rutschte ins Minus und fiel sogar unter seinen
Vortagestiefstand. Zuletzt notierte der Leitindex 0,97 Prozent
niedriger bei 11 243,75 Punkten. Damit deutet sich für den deutschen
Leitindex ein Wochenverlust von rund zweieinhalb Prozent an. Der
MDax , in dem die mittelgroßen Unternehmen
repräsentiert sind, verlor am Freitag 1,02 Prozent auf 23 516,38
Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um
0,88 Prozent auf 3162,22 Zähler.
Dennoch sei nicht alles schlecht, bemühte sich Marktexperte Daniel
Saurenz von Feingold Research um etwas Optimismus: "Die Konjunktur
läuft schwächer, aber von einer weltweiten Rezession ist man
meilenweit entfernt. Die Firmengewinne der Dax-Konzerne werden
geringer, doch die Aktienkurse sind bereits durch die Bank massiv
abgestraft." Auch in puncto Handelskrieg und für den "italienischen
Patienten" würden sich früher oder später Lösungen finden, glaubt
Saurenz. "Weder haben die Europäer Interesse an heftigen Turbulenzen
in Italien, noch will Donald Trump einen Absturz der US-Wirtschaft
riskieren, die keineswegs auf einem eigenen Planeten funktioniert."
Die schwache Branchenstimmung bei Halbleiterwerten erwischte am
Freitag auch Infineon . Die Papiere des Chipkonzerns
verloren 3,3 Prozent und waren damit das Schlusslicht im Dax. Am
Vorabend waren die Papiere von Nvidia und Applied Materials
nachbörslich um 17 beziehungsweise 8 Prozent eingebrochen. Sowohl
der Grafikchiphersteller als auch der Lieferant von Anlagen für die
Halbleiterindustrie hatten mit ihren Ausblicken enttäuscht. Dies
passt ins negative Branchenbild, nachdem zuletzt bereits die
Apple-Zulieferer Lumentum und AMS ihre Prognosen gekappt hatten.
Den Aktien von Bayer gelingt weiter keine
Stabilisierung: Am Freitag erreichten sie mit 61,66 Euro einen
weiteren Tiefststand seit September 2012 und verloren dabei 2,5
Prozent. Als Belastungsfaktor sahen Börsianer eine Meldung aus den
USA, wo ein weiterer Prozess um Schadensersatzansprüche aus der
Verwendung des Unkrautvernichters Glyphosat des übernommenen
Saatgutkonzerns Monsanto angesetzt wurde. Zudem hatte
Merrill-Lynch-Analyst Sachin Jain seine Prognosen für den
Dax-Konzern bis 2020 gesenkt.
Gegen den negativen Trend fielen die Morphosys-Aktien
mit einem Kursplus von 2,8 Prozent positiv auf. Das
Biotechnologie-Unternehmen und sein chinesischer Partner I-Mab
arbeiten bei einem Wirkstoff für die Krebsimmuntherapie zusammen.
Morphosys erhält den Angaben zufolge dafür eine Vorauszahlung von
3,5 Millionen US-Dollar und kann mit Meilensteinzahlungen abhängig
von Erfolgen in der klinischen Forschung und beim Vertrieb
zusätzlich bis zu 101,5 Millionen Dollar einstreichen.
Auch die Anteilsscheine von Stabilus gehörten mit
einem Kursaufschlag von 3 Prozent zu den attraktivsten Werten. Der
Autozulieferer hatte für das Geschäftsjahr 2017/18 einen deutlichen
Umsatz- und Ergebnisanstieg gemeldet. Das Gewinnwachstum des
Herstellers von Gasdruckfedern und Dämpfern sei stärker gewesen als
gedacht, schrieb Analyst David Klus vom Bankhaus Lampe. Seine
Kollegen von JPMorgan und Kepler Cheuvreux monierten den etwas unter
den Erwartungen gebliebenen Ausblick.
Am Rentenmarkt legte die Umlaufrendite von 0,20 Prozent am Vortag
auf 0,22 Prozent zu. Der Rentenindex Rex verlor 0,07
Prozent auf 141,18 Punkte. Der Bund-Future stieg um
0,01 Prozent auf 160,66 Zähler.
Der Eurokurs stieg am Nachmittag auf sein Tageshoch und notierte
zuletzt knapp darunter bei 1,1375 US-Dollar. Die Europäische
Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1305 Dollar
festgesetzt./edh/fba
--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008 EU0009658145 DE0008467416
AXC0190 2018-11-16/15:02
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