(neu: Kurs, Hintergrund zum Ausblick und zu Glyphosat, Bryan Garnier)

FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Erst die noch nicht bewältigten Glyphosat-Rechtskonflikte, jetzt ein mauer Ausblick für 2021: Die leidgeplagten Anleger von Bayer kommen nicht zur Ruhe. Die Aktien des Agrarchemie- und Pharmakonzerns waren im frühen Handel am Donnerstag um fast 13 Prozent abgesackt und hatten sich damit auf dem niedrigsten Niveau seit März dem Tiefpunkt aus dem Corona-Crash bei 44,86 Euro genähert.

Bis zum frühen Nachmittag erholten sich die Bayer-Papiere etwas und lagen noch knapp elf Prozent im Minus bei 47,59 Euro. Damit waren sie aber immer noch der mit Abstand schwächste Wert im moderat steigenden Dax .

Für das kommende Jahr rechnet Bayer beim währungsbereinigten Ergebnis je Aktie mit einem Rückgang, der Umsatz soll in etwa auf dem Niveau von 2020 liegen. Der Konzern erklärte, Wachstum und Barmittelfluss dürften 2021 voraussichtlich niedriger ausfallen als geplant und könnten nur zum Teil durch Einsparungen ausgeglichen werden.

Besonders in der Agrarbranche hätten sich in der Corona-Krise die Wachstumserwartungen reduziert, erläuterten die Leverkusener. Als generelle Belastungsfaktoren nannte der Konzern niedrigere Preise, einen intensiveren Wettbewerb, einen geringeren Biokraftstoffverbrauch sowie teilweise massive negative Währungseffekte wie beispielsweise beim Brasilianischen Real.

Als Reaktion auf die negativen Nachrichten strichen bereits mehrere Analysten ihre Kaufempfehlungen für die Bayer-Aktien und stampften ihre Kursziele deutlich ein. Viele Experten sehen die Ziele für das kommende Jahr deutlich unter den Markterwartungen. Zudem gebe es klare Einschnitte bei der Dividende.

Der Fachmann Stephen McGarry von der Investmentbank HSBC wies darauf hin, dass die Barmittel-Entwicklung ausgerechnet dann nachlasse, wenn Bayer im Pharmabereich mehr investieren sollte. Analyst Peter Verdult von der Citigroup resümierte, angesichts wohl deutlich sinkender Ergebnis- und Dividendenschätzungen habe sich die Anlageidee deutlich verschlechtert. Seine bisherige Kaufempfehlung habe auf der Bewertung und auf der Hoffnung einer nahenden Lösung im Glyphosat-Rechtsstreit basiert, doch er habe sich getäuscht. Die Sorgen bezüglich der langfristigen Wachstums- und Margenperspektiven dürften zunehmen.

Analyst Jean-Jaques Le Fur vom Investmenthaus Bryan Garnier warf derweil den Blick zurück auf den 7. Juni 2018. An diesem Tag hatte Bayer die Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto abgeschlossen. Seitdem hätten die Leverkusener mit schöner Regelmäßigkeit schlechte Nachrichten zu verkünden gehabt. Nun sei klar, dass das zum Zeitpunkt des Kaufs des US-Konzerns angestrebte Umsatzwachstum nicht erreicht werde.

Am Tag der Übernahme hatten die Bayer-Aktien noch bei rund 99 Euro notiert, nun stehen sie mehr als 50 Prozent tiefer. Mit dem Deal hatte sich der Konzern Rechtsstreitigkeiten um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat aufgehalst. Bayer würde die vielen US-Klagen am liebsten auf einen Schlag durch einen großen Vergleich aus der Welt schaffen. Zuletzt hat es Bayer zufolge bei den entsprechenden Verhandlungen auch deutliche Fortschritte gegeben.

Mit dem Kursrutsch an diesem Donnerstag hat sich derweil das charttechnische Bild noch weiter eingetrübt. Während der langfristige Trend bereits seit spätestens Anfang August nach unten zeigt, sind die Bayer-Papiere mittlerweile auch aus kurzfristigerer Sicht weit von der 21- und vor allem der 50-Tage-Durchschnittslinie entfernt. An beiden Kurven hatte sich der Bayer-Kurs im September noch im Großen und Ganzen entlang gehangelt./la/ag/jha/

 ISIN  DE000BAY0017

AXC0227 2020-10-01/14:13

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